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Wallis. Ins Härz gmeisslet.

Nach der Wanderung mit Bikeschleppen vor einer Woche verlor ich ein bisschen die Motivation. Aber bereits im Verlauf der Woche kam mit der Wetterprognose für das Wochenende die Lust auf richtig biken zurück. Ich machte mich auf die fast schon traditionelle zweitägige Rucksacktour in die Walliser Alpen.

 

Freitag: Lac de Moiry-Pas de Lona-Mandelon-Barrage Grande Dixence

 

Das erste Mal benutzte ich für meine An- und Heimreise ganz entspannt nur die öffentlichen Verkehrsmittel. Ich bestieg am frühen Morgen die erste S-Bahn nach Bern, weiter dann mit dem Schnellzug nach Visp und Sierre. Von hier gings mit dem Postauto hoch nach Grimentz und zur Staumauer des Lac de Moiry.

 

Ein Prachtstag empfing mich. Genau mit Eintreffen des Postautos öffnete das Kaffee an der Staumauer, so dass auch noch diese Sucht gestillt werden konnte. Bei angenehmen Temperaturen und absoluter Stille fuhr ich hoch zum Basset de Lona, immer mit Sicht auf den fast kitschig blauen Lac de Moiry.

 

Panorama vom Basset de Lona zum Pas de Lona
Panorama vom Basset de Lona zum Pas de Lona

Nach einer kurzen Abfahrt folgte der erste Trail zum Pas de Lona. Erinnerungen wurden wach an den Grain-Raid Verbier-Grimentz, welcher in entgegengesetzter Richtung führt und ich bereits im 1993 an der zweiten Austragung dabei war.

 

Panorama vom Pas de Lona westwärts
Panorama vom Pas de Lona westwärts

Der mühsame letzte Aufstieg des Grand-Raid zum Pas de Lona war zum Herunterfahren natürlich ein Genuss pur. Auf der Alp L'A Vieille gehts kurz auf den Weg, bevor der Abzweig auf den Hammertrail direkt nach Evolène runter folgt. Ein Trail wie im Bilderbuch, einfach nur geil. Aus dem Bericht von Sven wusste ich ungefähr was kommt, aber es übertraf alle Erwartungen.

 

Nach der gemütlichen Mittagspause in einer hübschen Gartenwirtschaft nahm ich den langen Aufstieg nach Artsinol in Angriff, um dann auf den herrlichen Panoramatrail Richtung Mandelon zu gelangen. Es war ziemlich warm und durstig, ich freute mich bereits auf das kühle Getränk auf der Alp Mandelon. Auch dieser Trail führt in entgegengestzter Richtung zum Grand-Raid. Kurz vor der Alp sah ich bereits zu meinem Tagesziel, der Barrage Grande Dixence.

 

Die Teerstrasse vom Mandelon runter kann überall auf spassigen Trails abgekürzt werden.

Nun kam noch das Unvermeidbare, der knapp 600 hM-Aufstieg auf Teerstrasse zum Fusse der Staumauer und zum Hotel. Da ich genügend Zeit hatte, konnte ich es gemütlich angehen. Das kühle Bier in der Gartenwirtschaft mit der prächtigen Aussicht ins Val d'Hérémence schloss dann diese wunderschöne Tour des ersten Tages ab. Das Hotel war von aussen eher unansehnlich, die Angestellten jedoch sehr nett und zuvorkommend und das Nachtessen sehr gut.

 

54 km, 5h35', 2'343 hM

 

Samstag: Barrage Grand Dixence - Col de Riedmatten - Arolla - Col de Torrent- Grimentz - Sierre

 

Nachdem ich auf dieser Höhe super geschlafen habe, war das Frühstücksbuffet ausgiebig und in Ordnung.

Bei einem Rundgang um das Hotel sah ich gestern Abend, dass die Strasse hoch zur Mauerkrone mit einer Barriere, einem Fussgängerverbot und zusätzlich einem Bikeverbot versehen war. Irgendwo in einem Forum las ich bereits über dieses Verbot. Ich erkundigte mich an der Reception über den Umgang mit dem Verbot. Die nette Frau erklärte mir, dass dieses Verbot aufgrund der Steinschlaggefahr restriktive angewendet wird. Die Angestellten der Kraftwerke würden dieses Verbot auch unmissverständlich umsetzen, wenn sie jemanden erwischen. Der einzige legale Aufstieg ist der Wanderweg.

Ich einigte mich mit der Receptionistin, dass wohl am Samstagmorgen um 7 Uhr kein Arbeiter unterwegs sei und ich da auf eigenens Risiko trotzdem rauffahre.

Normalerweise sieht man ja auf einer Strasse, wenn öfter Steinschlag niedergeht. Aber auf dieser Strasse sah ich keinen einzigen Stein, welcher erst kürzlich herunterkam. Also alles halb so schlimm. Das Verbot ist wohl aus Haftungsgründen des Werkeigentümers der Strasse gegenüber Dritten angebracht. Trotzdem, lass Dich nicht erwischen, sonst buckelst Du das Bike die ganzen 200 hM über den Wanderweg hoch.

 

Somit fuhr ich auf dieser Naturstrasse mit angenehmer Steigung zur Mauerkrone hoch, ohne irgend jemandem zu begegnen. Ab hier gehts dann, ähnlich dem Lac Mauvoisin, zuerst durchs Tunnels und dann offen dem See entlang hinein in die wunderschöne Gletscherwelt.

 

Ein Traum, am Morgen früh in dieser Stille und bei diesem Wetter die Natur geniessen zu dürfen. Bereits waren einige Wanderer unterwegs, die wohl von einer Cabane oberhalb der Staumauer kamen.

 

Zuhinterst am See beginnt dann der lange Aufstieg Richtung Col de Riedmatten. Zuerst gehts steil hoch, bevor man über die Moränen auf das Vorland des Glacier de Cheilon kommt.

 

Ein wunderschöner Ort zum Verweilen. In dieser absoluten Stille kann man auch einige Vögel beobachten, wie sie geschäftig ihrem Tagwerk nachgehen.

 

Über eine kleine Brücke gehts dann über die Moräne Richtung Einstieg zum Passübergang. Durch die riesige Schotterhalde mit den groben Steinblöcken ist bereits sehr gute Trittsicherheit notwenig. Rechts hinten sieht man rüber zur Cabane des Dix.

Der finale Aufstieg zum Col de Riedmatten hat es dann in sich. Praktisch in der Fallinie überwindet man die letzten 160 hM auf gut 200 Meter Luftlinie. Am Anfang windet man sich zwischen grossen Steinblöcken hindurch, bevor der "Weg" nur noch sandig und rutschig und mit Ketten versehen ist. Mit dem Bike auf den Schultern ist ein guter Gleichgewichtssinn gefragt. So steil und lang bin ich noch nie mit dem Bike hochgestiegen.

Auf dem Col de Riedmatten auf 2'918 M.ü.M. wird die Anstrengung mit einer traumhaften Aussicht auf den Mont Blanc de Cheilon und Pigne d'Arolla belohnt. In entgegengestzter Richtung führt hier auch die Patrouille des Glaciers durch. Das Bild zeigt den Aufstieg, den ich hochgegangen bin, aber ohne Schnee natürlich.

 

Panorama vom Fuss des Col de Riedmatten über die kümmerliche Reste des Glacier de Cheilon zum Mont Blanc de Cheilon
Panorama vom Fuss des Col de Riedmatten über die kümmerliche Reste des Glacier de Cheilon zum Mont Blanc de Cheilon

Nun standen vorerst 900 Tiefenmeter Abfahrt bis nach Arolla bevor. Und es war einmal mehr einfach nur Spass pur. Wie weiter nach unten wie mehr Flow, einfach nur geil. In Arolla liess ich bei Kaffee und Kuchen das Erlebte nachwirken.

Weiter gings abwechslungsweise auf Strasse und Trails runter nach Les Haudères.

 

In Les Haudères beginnt der lange Aufstieg Richtung Col de Torrent. 1'000 hM fährt man durch einige Weiler und an Alphütten vorbei, bevor die Schiebe- und Tragestrecke beginnt. Es war wiederum sehr warm und über den Pass Richtung Grimentz türmten sich dunkle Wolken auf.

Auf dem Col de Torrent auf 2'916 M.ü.M. war es dann geschafft, 2'400 Tiefenmeter Abfahrt lagen vor mir. Über dem Lac de Moiry hing das Gewitter, welches ich im Aufstieg bereits sah.

 

Die erste Abfahrt zum Lac des Autannes und weiter zur Alpage de Torrent war dann bereits wieder ein Traumtrail, wie man ihn sich wünscht. Flow bis zum abwinken. Ab diesem kleinen hübschen See war der Boden dann bereits nass und Reste eines Hagelgewitters waren noch zu sehen. Auf der Alpage traf ich dann wieder auf den Weg zum Lona, welchen ich gestern hochfuhr. Ab hier nahm ich dann die Originalabfahrt des Grand-Raid bis Grimentz mit dem geilen Schlussteil.

In Grimentz fuhr ich dann auf das Gewitter auf, es schüttete wie aus Kübeln. Eigentlich hatte ich vor, links über dem Tal nach Vercorin und von hier nach Sierre runter zu fahren. Aber unter diesen Umständen wollte ich nur so schnell wie möglich durch den Regen ins Tal fahren und nahm halt die Teerstrasse.

 

81 km, 8h, 2'549 hM

 

Eine wunderschöne 2-Tagestour nahm dann mit der Bahnfahrt nach Hause ihren Abschluss. Ich genoss jede Minute und jeden Meter dieser Hammertour in vollen Zügen. Mit dem Col de Riedmatten konnte ich nun noch einen Übergang abhaken, welcher schon lange auf meiner Liste stand.

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Kommentare: 1
  • #1

    Sven (Dienstag, 17 September 2019 09:28)

    Da hast du wieder mal ne monstertour absolviert, ganz geil 8) Ein teil davon kenne ich ja schon und der Col de Riedmatten steht auch schon lange auf meiner wunschliste.